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Kommunikation, Gleichberechtigung

impuls Impuls-Talk mit Maria Pernegger

16.07.2020, Barbara Lamb und Maria Pernegger

Wir freuen uns, dass du uns deine Meinung zum Blogbeitrag schreibst. Gerne lesen wir den Kommentar als Erster, dann wird er für alle LeserInnen freigeschaltet.

Gesehen und wahrgenommen werden – für alle, die erfolgreich sein wollen, für etwas einstehen oder eine Botschaft nach vorne bringen wollen, ist dies ein wichtiges Thema. Im Impuls-Talk sprechen wir mit Mag.a Maria Pernegger, einer erfolgreichen Politik- und Medienanalytikerin, Geschäftsführerin und Mutter, über ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen zur Sichtbarkeit von Männern und Frauen und warum es wichtig ist, sich aktiv sichtbar zu machen.

Maria, du beschäftigst dich beruflich intensiv mit dem Thema „Frauen“. Als Studienleiterin der Studie „Frauen – Politik – Medien“ hast du auch die Sichtbarkeit von Frauen im Blick. Ist es tatsächlich so, dass Männer sichtbarer, präsenter sind als Frauen, oder unterliegen wir einer verzerrten Wahrnehmung? Sind Frauen einfach zu zurückhaltend und Männer dominanter?

Ich halte nichts von der Schubladisierung der Geschlechter. Aber natürlich gibt es lang gewachsene gesellschaftliche Muster in verschiedenen Bereichen. Etwa im Arbeitsmarkt oder Bildungssystem oder in entscheidungsrelevanten Positionen, wo sich über lange Zeit eben nur Männer unter Männern behaupten mussten und die eindeutig Männern vorbehalten waren. Und nun sind da plötzlich auch Frauen, die sich hier behaupten und dort sichtbar werden. Weil sie etwas können, weil sie Zugang zu Bildung haben. Und auch, weil sich das rechtliche System verändert hat. Und dank vieler Vorkämpferinnen und Vorkämpfer.

Während der Corona-Krise verstärkte sich der Eindruck, dass vor allem Männer – in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft – die Krise dominieren. Ist das so? Und, wenn ja, warum sind Frauen in einer Krise weniger präsent?

Es ist tatsächlich so, dass Männer in der Krise sichtbarer sind. Krisen sind immer Phasen der Machtkonzentration und Neuordnung. Schwierige Zeiten verengen den Platz an der Sonne allgemein. Im Grunde verengen sie dort, wo es um Ressourcen geht. Und in solchen Krisenzeiten lässt sich beobachten, dass Frauen wieder etwas in den Hintergrund rücken. Wir haben noch immer einen Männerüberhang in vielen Bereichen. In solchen Momenten zeigt sich: Wer steht vorne, wer meistert die Krise? Das sind gespürt die Männer, obwohl es ja nicht stimmt. Frauen haben in den letzten Jahrzehnten in vielen Bereichen massiv aufgeholt. Sie haben mehr Studienabschlüsse und ich traue mich, zu sagen: Frauen sind genauso fleißig wie Männer, genauso geschickt. Trotzdem sind Frauen noch immer häufig Zweitverdienerinnen. Und in der Führung sind sie noch immer Exotinnen. Da gibt es eine Schieflage.

Das ist ein interessanter Punkt. Wie sieht es in Österreich aus mit Frauen in Führungspositionen? Wo stehen wir hier?

Wir sind in den größten Unternehmen des Landes von zehn Prozent Frauen in der Führung noch sehr weit entfernt. Wir liegen nur bei rund fünf bis sechs Prozent Frauenanteil im Topmanagement. Das wissen viele nicht. Man spricht medienwirksam von Frauenquoten in Aufsichtsräten von 30 Prozent. Dazu gibt es auch eine gesetzliche Regelung. Wovon wir im allgemeinen Diskurs nicht sprechen, ist das mittlere oder höhere Management. Und im höheren Management sind Frauen nach wie vor massiv unterrepräsentiert. Je nachdem, um welche Branche es geht. Hier gibt es auch keine gesetzlichen Regelungen.

Wie können wir hier nachhaltig Veränderung schaffen?

Viel wichtiger als Quoten ist es meiner Meinung nach, dass Unternehmen verstärkt Frauen von unten aufbauen, Leistung fair bewerten und den Mehrwert von Diversität endlich erkennen. Nachdem das in der Praxis so noch nicht funktioniert, braucht es Quoten, auch wenn das mitunter Herausforderungen mit sich bringt. Wenn ich als Unternehmen bisher Frauen bei Karriereschritten ausgeklammert habe und sie noch nicht einmal im mittleren Management Fuß gefasst haben, dann ist es unrealistisch, eine gesetzliche Regelung zu erfüllen, die Frauen im höheren Management fordert. Unabhängig vom Geschlecht sollen fähige Menschen aufgebaut und gefördert werden. Dann, denke ich, passiert automatisch eine Durchmischung und wir brauchen keine Quoten. Leider passiert die Auswahl aktuell häufig, wenn auch nicht immer unbedingt nach Geschlecht, nach Kriterien: Wen kenne ich? Wem vertraue ich? Wer hat sich hervorgetan? Wer wurde mir empfohlen? Mit wem bin ich vernetzt? Und dass das dann hauptsächlich Männer sind, wundert mich nicht. Genau da sind wir bei der Sichtbarkeit: Wer gesehen wird, wird wahrgenommen.

Warum liegt dir persönlich das Thema „Frau“ so am Herzen? Gibt es persönliche Erfahrungen, die dich geprägt haben?

Ich sehe ganz einfach eine Notwendigkeit, sich für dieses Thema einzusetzen. Mein eigener Alltag zeigt mir ja immer wieder, dass wir in Sachen Gleichberechtigung nicht dort sind, wo wir sein sollten. Zudem bin ich mit der Erfahrung groß geworden, dass es viele Frauen gibt, die unfassbar viel arbeiten, aber gleichzeitig nicht über Geld oder Vermögen verfügen. Und ohne eigenes Geld kannst du niemals gleichberechtigt sein. Hierfür Bewusstsein zu schaffen, ist für mich ein starker Antrieb. Für echte Gleichberechtigung musst du als Frau finanziell unabhängig sein. Diese finanzielle Unabhängigkeit funktioniert nicht, wenn ich keinen Job habe oder einen Job, der nicht gut bezahlt ist. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft darüber sprechen, wie Jobs bezahlt sind. In der Frage der Gleichberechtigung ist das wohl einer der wichtigsten Punkte.

Und wo stehen wir im Moment in Sachen Gleichberechtigung? Was braucht es für echte Gleichberechtigung?

Meiner Meinung nach ist Frauenpolitik immer noch eine große Baustelle auf so vielen Ebenen. Es gibt viele Bereiche, wo man hinschauen muss. Damit es gelingt, brauchen wir vor allem Wertschätzung zwischen Männern und Frauen und eine Begegnung auf Augenhöhe. Ich denke, ein respektvoller Umgang ist auf jeden Fall ein guter Anfang, denn diesen kann man erlernen. Das dauert jedoch. Als Eltern können wir bei unseren Töchtern und Söhnen beginnen und sie zu selbstbewussten Burschen und Mädels erziehen, die tolerant miteinander umgehen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für Gleichberechtigung.

Braucht es heute eigentlich immer noch die Forderung nach Gendering und einem geschlechtergerechten Sprachgebrauch oder hat sich das mittlerweile überholt?

Ich bin überzeugt, dass Sprache wirkt. Und ich bin überzeugt, dass es einen Unterschied macht, ob ich von Ärztinnen oder Ärzten rede. Ich erwähne explizit, ob ich einen Mann oder eine Frau meine. Es ist notwendig, konkret zu werden, sich Gedanken zu machen. Was für mich gar nicht geht, ist durchgängig die reine männliche Form zu wählen, vor allem, wenn ich weiß, dass es dort auch viele Frauen gibt. Als Studienautorin bin ich hier jedoch sicher sensibler als vielleicht andere. Es braucht Achtsamkeit und Aufmerksamkeit.

Was können wir Frauen selbst dazu beitragen, unsere eigene Sichtbarkeit zu erhöhen?

Welche Tipps kannst du uns und unseren BlogleserInnen diesbezüglich mitgeben?
Sichtbarwerden kann man sich erarbeiten. Frauen müssen Frauen empowern. Frauen müssen sich aber auch vernetzen, insbesondere auch mit Männern, weil diese natürlich wichtig sind und zudem oft an Entscheidungshebeln sitzen. Es reicht nicht, nur einen guten Job zu machen. Das muss auch jemand mitbekommen. Also ruhig mal sagen: „Hier bin ich – und ich bin hier, weil ich gut bin.“ Sichtbarkeit bezieht sich auf viele Bereiche – medial, aber auch bei Präsentationen, Projekten. Zum Beispiel bei einer Präsentation diese auch selber übernehmen. Den Lead übernehmen. Wer will was machen? Hier sollen sich Frauen durchaus auch einmal in den Vordergrund spielen. Man lernt ja dabei auch unheimlich viel. Das erste Mal ist schwierig, aber dann stellen sich Routine und Sicherheit ein. Daraus können sich eine Dynamik entwickeln und ein Selbstverständnis dafür, dass Frauen auch den Lead oder die Bühne einnehmen können.
 

Impuls-Wordrap

Ich bin... eine, die macht und tut
Mein liebstes Kommunikationsmittel... direkt im Gespräch, in dem sich vieles ergibt
Das hab ich immer dabei... einen Hauch Humor gepaart mit etwas Zynismus
Das würde ich gerne erfinden... ein Mittel für Toleranz und Wertschätzung, das würde vieles lösen, vom Klima bis zur Gleichberechtigung
Mein Tipp für die Work-Life-Balance... Sport und Natur

© Credit: Caro Strasnik
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